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Urteil zur Geschäftsführerhaftung, BGH, Urteil vom 15.11.2018 – IX ZR 81/18:
Zu den tatsächlichen Voraussetzungen, die dem Richter die Schlussfolgerung auf das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungseinstellung gebieten bzw. erlauben:
- Nichtzahlung oder schleppende Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen oder Steuerforderungen;
- fruchtlose Vollstreckungsversuche;
- tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 30.06.2011 – IX ZR 134/10);
- Vermutung des Beginns der Zahlungsunfähigkeit zu dem Zeitpunkt, zu dem später im Insolvenzverfahren angemeldete Forderungen erstmals fällig geworden sind (BGH, Urteil vom 12.01.2006 – IX ZR 228/03);
- eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil vom 06.12.2012 – IX ZR 3/12);
- monatelanges völliges Schweigen des Schuldners auf die Rechnung einer späteren Insolvenzgläubigers (BGH, Urteil vom 18.01.2018 – IX ZR 144/16
- mehrfache Geschäftsführerwechsel in zeitlichem Zusammenhang mit der Nichterfüllung von Sozialversicherungsbeiträgen und/oder die fortdauernde Nichterreichbarkeit der Gesellschaft (BGH, Beschluss vom 13.04.2006 – IX ZB 118/04);
- eine Bitte um Ratenzahlung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (BGH, Urteil vom 30.06.2011 – IX ZR 134/10; Beschluss vom 16.04.2015 – IX ZR 6/14), nicht dagegen die bloße Bitte des Schuldners um Ratenzahlung, solange sie im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs stattfindet. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens (Beschluss vom 16.04.2015 – IX ZR 6/14; zuletzt explizit bestätigt durch BGH, Urteil vom 18.01.2018 – IX ZR 144/16, in juris Rn. 20).
- Abzustellen ist in der Terminologie des Bundesgerichtshofs auf „das Gesamtbild eines am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierenden Schuldners, dem es auf Dauer nicht gelingt, bestehende Liquiditätslücken zu schließen, sondern der nur noch darum bemüht ist, trotz fehlender Mittel den Anschein eines funktionstüchtigen Geschäftsbetriebs aufrechtzuerhalten.“
Zur Darlegungs- und Beweislast:
Generell trifft den Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt der anspruchsbegründenden Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit und dessen Zeitpunkt. Dazu genügt indes – sofern die Zahlungsunfähigkeit nicht schon wegen der durch nachgewiesene Indizien festgestellten Zahlungseinstellung vermutet wird -, dass der Insolvenzverwalter eine Liquiditätsbilanz, die auf der Buchhaltung des Schuldners beruht, erstellt.